Start des Forschungsprojekts BRICO Pompeii

Bringing Color to Pompeii (BRICO Pompeii) ist eine multidisziplinäre Forschungsinitiative unter der Leitung des Archäologischen Parks von Pompeji in Zusammenarbeit mit dem SherIL/Universität Sannio und der Universität Trier. Das Projekt hat zum Ziel, die Ursprünge, Handelswege und Verwendungszwecke der Pigmente aufzudecken, die einst den Wänden von Pompeji ihre leuchtenden Farben verliehen haben, und damit neue Perspektiven auf den Handel, das Handwerk und den kulturellen Austausch in der römischen Welt zu eröffnen. Aufbauend auf den jüngsten Fortschritten in der Archäometrie und historischen Forschung konzentriert sich BRICO Pompeii auf Pigmente als einzigartiger Kategorie archäologischer Funde – Materialien, die, einmal auf Wände aufgetragen, ihren Bestimmungsort erreichen und fortan eindeutig mit ihrem Verwendungsort verbunden bleiben.

Die Forschung beginnt mit der Rückverfolgung der Pigmente „von der Quelle bis zum Topf“ und stützt sich dabei auf die bemerkenswerte Überdauern von Pigmentschalen, die durch den Vulkanausbruch von 79 n. Chr. erhalten geblieben sind. Diese Schalen, die in Malwerkstätten, auf Baustellen und in Lagerräumen gefunden wurden, werden mit einer Reihe fortschrittlicher mineralogischer, geochemischer und isotopischer Techniken untersucht. Dieser Prozess ermöglicht es dem Team, präzise „Fingerabdrücke“ für jedes Pigment zu erstellen, die deren chemische und geologische Zusammensetzung detailliert beschreiben, während die ursprünglichen Artefakte erhalten bleiben. Diese Fingerabdrücke werden dann mit bekannten Pigmentquellen verglichen, die in antiken literarischen Berichten – wie den Beschreibungen von Plinius – und modernen geologischen Untersuchungen des Mittelmeerraums dokumentiert sind.

Um zu rekonstruieren, wie Pigmente nach Pompeji gelangten, verbindet das Projekt wissenschaftliche Analysen mit dynamischen Modellen des Seehandels. Mithilfe des an der Universität Trier entwickelten „Digitaler interaktiver Maritime Atlas zur Geschichte“, der Routen auf der Grundlage historischer Wetterdaten und experimentell verifizierter Segelleistungen rekonstruierter römischer Handelsschiffe simuliert, können Forschende wahrscheinliche Transportwege modellieren, Reisezeiten abschätzen und Transaktionskosten und Risiken bewerten. Dies ermöglicht eine differenziertere Rekonstruktion antiker Lieferketten und verdeutlicht das Zusammenspiel von Geografie, Wirtschaft und kulturellen Präferenzen bei der Beschaffung von Pigmenten.

Über die Rückverfolgung von Herkunft und Routen hinaus zielt das Projekt auch darauf ab, zu verstehen, wie Pigmente in verschiedenen sozialen Kontexten ausgewählt, vorbereitet und angewendet wurden. Durch den Vergleich der Pigmentzusammensetzungen in Gebäuden unterschiedlichen Status – von bescheidenen Werkstätten bis hin zu aufwendig dekorierten Villen – können die Forscher beurteilen, wie sich der Zugang zu Materialien und künstlerische Entscheidungen zwischen den sozialen Klassen und im Laufe der Zeit unterschieden. Diese Arbeit wird auch zeigen, inwieweit die lokale Produktion importierte Pigmente ergänzte, als sich die Handelsbedingungen weiterentwickelten.

Zu den wichtigsten Ergebnissen wird eine frei zugängliche „Pigmentbibliothek” gehören, die die chemischen, geologischen und isotopischen Profile aller analysierten Pigmente enthält. Diese Ressource wird Konservator*innen, Archäolog*innen und Wissenschaftler*innen weltweit zur Verfügung stehen und zukünftige Forschungen ermöglichen, ohne dass weitere Proben von empfindlichen Artefakten entnommen werden müssen. Das Projekt wird auch wissenschaftliche Publikationen, Materialien für die Öffentlichkeit und eine internationale Konferenz hervorbringen, um Ergebnisse, Methoden und Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszutauschen.

Erste Ergebnisse deuten bereits darauf hin, dass Pigmente ein aussagekräftigerer Indikator für Handelsnetzwerke sein könnten als Keramik. Durch die Aufdeckung der konkreten Verbindungen zwischen materieller Kultur, wirtschaftlichem Austausch und künstlerischem Ausdruck verspricht BRICO Pompeii, unser Verständnis des vernetzten römischen Mittelmeerraums neu zu gestalten – und Pompeji von einer Forschungsstätte in ein globales Labor für die Wissenschaft der antiken Farben zu verwandeln.

Beteiligte Institutionen und Forscher*innen:

Pompeii Archaeological ParkSherIL/Universität SannioTRANSMARE/Universität Trier
Dr. Gabriel Zuchtriegel (PI)Prof. Celestino GrifaProf. Pascal Warnking 
Dr. Valeria AmorettiProf. Mariano Mercurio
Dr. Chiara Germinario

Zur externen Projekt-Website: https://ancientromelive.org/ecl/bringing-color-to-pompeii/